Der grenzüberschreitende Handel wird auch für Handelsvertreter immer wichtiger. Mehr als 50 % der CDH-Mitglieder arbeitet mit ausländischen, insbesondere europäischen Herstellern zusammen. Italienische Hersteller spielen dabei auch eine wichtige Rolle. Zahlreiche deutsche Handelsagenturen vertreten italienische Unternehmen. In solchen Konstellationen stellt sich oft die Frage, ob die Kooperation nach deutschem oder nach italienischem Recht erfolgen soll. Dank der europäischen Handelsvertreterrichtlinie gelten die wesentlichsten Regelungen, wie etwa der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, in allen EU-Ländern und somit auch in Italien. Bei der Berechnung allerdings können sich Unterschiede zum Ausgleichsanspruch nach deutschem Recht ergeben.

Der Ausgleichsanspruch nach Artikel 1751 Codice Civile

Auch nach italienischem Recht haben Handelsvertreter nach Ende des Vertragsverhältnisses einen Ausgleichsanspruch, wenn diese neue Kunden geworben haben, die auch nach Vertragsende mit dem Prinzipal Geschäftsbeziehungen unterhalten werden und keine Billigkeitsgründe entgegenstehen. Dies ergibt sich im italienischen Recht aus Artikel 1751 des italienischen Zivilgesetzbuches (Codice Civile – CC). Wie im deutschen Recht darf der Ausgleich eine durchschnittliche Jahresprovision berechnet aus den letzten fünf Vertragsjahren nicht überschreiten. Im Gegensatz zum deutschen Recht kennt weder das italienische Gesetz noch die Gerichtspraxis ein bestimmtes Berechnungsverfahren. In der Regel wird der gesetzliche Höchstbetrag als Bemessungsgrundlage verwendet und anschließend durch Billigkeitskriterien korrigiert.

Italienische Besonderheit: Wirtschaftskollektivverträge

Das italienische Recht kennt allerdings die Besonderheit der „Accordi Economici Collettivi (AEC)“. Die „AEC“ sind sogenannte Wirtschaftskollektivverträge, die zwischen italienischen Handelsvertreterverbänden und Herstellerverbänden geschlossen wurden, die die Beziehung zwischen Handelsvertretern und Herstellern regeln sollen. Handelt es sich um einen grenzüberscheitenden Handelsvertretervertrag unter Anwendung italienischen Rechts finden die „AEC“ aber nur dann Anwendung, wenn diese ausdrücklich im Vertrag vereinbart werden, da jedenfalls der nicht-italienische Vertragsteil üblicherweise nicht Partei der „AEC“ ist. Ein deutscher Handelsvertreter, der mit seinem italienischen Hersteller unter Geltung des italienischen Handelsvertreterrechts zusammenarbeitet, ist an die „AEC“ also nur dann gebunden, wenn diese auch vertraglich vereinbart werden. Ansonsten gilt die gesetzliche Regelung aus Artikel 1751 CC.

Die „AEC“ sind in drei Stufen unterteilt. Dem Handelsvertreter wird bereits durch die erste Stufe ein Ausgleichsanspruch zugesprochen, die eine Entschädigung für den Verlust der Vertretung als solcher ist, also unabhängig davon, ob der Unternehmer einen Vorteil durch die Handelsvertretertätigkeit erworben hat. Die zweite Stufe greift, wenn die Vertragsbeendigung nicht vom Handelsvertreter zu vertreten ist. Auf der dritten Stufe erhält der Handelsvertreter den höchsten Betrag, nämlich dann, wenn er zu einer Umsatzsteigerung beigetragen hat.

Vor- und Nachteile der „AEC“

Die Ausgleichsberechnung nach den „AEC“ ist in der Regel dann vorteilhaft für den Handelsvertreter, wenn er keine oder nur wenige Neukunden geworben hat, da der Handelsvertreter nach den Grundsätzen der „AEC“ ein Mindestmaß an Ausgleich erhält, auch wenn der Prinzipal nach Vertragsende keine Vorteile aus der Arbeit des Handelsvertreters gezogen hat. Hat der Handelsvertreter dagegen zahlreiche Neukunden geworben oder den Umsatz mit Altkunden erheblich steigern können, ist die Berechnung nach dem italienischen Handelsvertretergesetz der Berechnung nach den „AEC“ vorzuziehen.

Problematisch hierbei ist, dass Handelsvertreter selten zu Beginn ihrer Tätigkeit wissen, ob oder wie viele Stammkunden sie für ihren Prinzipal werben werden. Eine Prognose zu Vertragsbeginn ist nur schwer vorzunehmen. Im besten Fall sollten deutsche Handelsvertreter ohnehin deutsches Recht vereinbaren, so dass sich diese Frage gar nicht erst stellt.

Die CDH steht ihren Mitgliedern bei der Vertragsgestaltung, aber auch bei sonstigen rechtlichen Fragen stets beratend zur Seite.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Berechnung des Ausgleichsanspruchs nach italienischem Recht kann nach der gesetzlichen Vorschrift des Artikel 1751 CC erfolgen oder nach den Wirtschaftskollektivverträgen „AEC“.
  • Für deutsche Handelsvertreter finden die „AEC“ nur Anwendung, wenn italienisches Recht und die Anwendbarkeit der „AEC“ ausdrücklich vereinbart werden.
  • Ob die Berechnung nach dem Gesetz oder nach den „AEC“ für Handelsvertreter vorteilhafter ist, bestimmt sich danach, ob oder wie viele Stammkunden vom Handelsvertreter geworben werden.

Sie sind noch kein CDH-Mitglied und möchten uns aber kennenlernen? Sie wünschen noch mehr Informationen über die CDH? Kontaktieren Sie uns HIER. Wir beraten Sie gerne!