Kalkulation von Lagerkosten

Teil 4

Die Bestandsbewertung

In dem in Teil 3 dargestellten Kalkulationsbeispiel wurde der Anschaffungspreis als gegeben angenommen. Die Bestandsbewertung eingelagerter Güter für die Kalkulation von Lagerkosten und für Bilanzierungszwecke erfolgt grundsätzlich zu den Nettoanschaffungspreisen, unter Berücksichtigung von Skonti, Boni und Rabatten. Anschaffungsnebenkosten und nachträgliche Anschaffungskosten dürfen für die Bilanzerstellung nur dann in die Bewertung einbezogen werden, wenn sie auf das einzelne Stück zugerechnet werden können, wie beispielsweise Versandkosten. Eine Verpflichtung zur Einbeziehung derartiger Kosten besteht nicht. In den folgenden Ausführungen werden deshalb die Anschaffungsnebenkosten oder nachträgliche Anschaffungskosten nicht mehr gesondert erwähnt.

Bei der Lagerung einer Vielzahl gleichartiger oder annähernd gleichwertiger Artikel, die zu verschiedenen Preisen eingekauft wurden, stellt sich möglicherweise trotzdem die Frage, mit welchem Anschaffungspreis bzw. welchen Anschaffungspreisen die gelagerten Artikel bewertet werden sollen. Das ist der Fall, wenn es entweder unmöglich ist, festzustellen aus welcher Lieferung zu welchem Preis die noch im Lager befindlichen Artikel tatsächlich stammen oder wenn der damit verbundene Arbeits- und Kostenaufwand unverhältnismäßig hoch wäre. Ein Beispiel für ein derartiges Bewertungsproblem ist die gemeinsame Lagerung gleichartiger Schrauben oder Stecker aus verschiedenen Lieferungen, etwa in einem Behälter. In derartigen Fällen sind auch für die bilanziellen Wertansätze der Warenbestände Bewertungsvereinfachungen zulässig, wobei für die Bewertung für die Steuerbilanz die wenigsten Bewertungsvereinfachungen zulässig sind, nämlich

  • der gewogene Durchschnittswert der Anschaffungspreise des Geschäftsjahres,
  • der gleitende Durchschnittswert der Anschaffungspreise am Bilanzstichtag,
  • die Fiktion, dass die zuletzt beschaffte Ware zuerst verbraucht wurde ( LiFo: Last in – First out), sofern die tatsächlichen Verhältnisse dem nicht entgegenstehen.

Bei periodenbezogener Berechnung des gewogenen Durchschnitts werden die Nettobeträge aller im fraglichem Geschäftsjahr gezahlten Lieferantenrechnungen für den oder die gemeinsamen zu bewertenden Artikel addiert und durch die Gesamtmenge (Stückzahl) der bezogenen Artikel subtrahiert. Die Berechnung gleitender Durchschnittswerte erfolgt dagegen fortlaufend, bei jeder neuen Lieferung.

Bei der periodenbezogenen Anwendung der LiFo-Verbrauchsfiktion wird unterstellt, dass die während des Geschäftsjahres verbrauchten bzw. verkauften Waren zuletzt beschafft wurden. Liegt der Endbestand unter dem Anfangsbestand, kann mit den Nettoanschaffungspreisen des Anfangsbestandes bewertet werden. Liegt der Endbestand über dem Anfangsbestand wird die Mengendifferenz mit dem jeweiligen Netto-Anschaffungspreis der ersten Lieferungen des Geschäftsjahres bewertet, bis die Liefermengen die Höhe der Bestandserhöhung erreicht haben.

Beispiel:

Anfangsbestand 100 Stück Anschaffungspreis/ Stk. 10 €

 

1. Lieferung   20 Stück Anschaffungspreis/ Stk. 12 €

 

2. Lieferung   40 Stück Anschaffungspreis/ Stk. 11 €
usw.  

 

Endbestand 130 Stück

 

Die Bewertung lautet dann:

 100 Stk. x 10 € =  1.000 €
+ 20 Stk. x 12 € =     240 €
+ 10 Stk. x 11 € =     110 €
 130 Stk. =  1.350 € / 130 = 10,38 € / Stk.

 

Die Berechnung kann mit moderner Lagerbestandssoftware auch fortlaufend durchgeführt werden, so dass der aktuelle Lagerbestandswert zu jedem Zeitpunkt, also auch am Bilanzstichtag, bekannt ist.

In der Handelsbilanz wäre auch zulässig zu unterstellen, dass die zuerst beschafften (FiFo: – First in First out) oder die am teuersten beschafften (HiFo: Highest in – First out) Lieferungen eines Artikels zuerst verbraucht bzw. verkauft werden. Die Bewertung würde dann analog zu dem obigen Beispiel erfolgen. Für die Wertansätze in der Steuerbilanz sind diese Verbrauchsfiktionen aber ebenso unzulässig wie die fiktive Verbrauchsfolge LoFo (Lowest in – First out) für Handels- und Steuerbilanz.

Wichtig ist aber vor allem, dass sowohl bei der Anwendung von zulässigen Bewertungsvereinfachungen als auch bei Einzelbewertungen von Warenvorräten immer das strenge Niederstwertprinzip (NWP) gilt, weil Warenvorräte zum Umlaufvermögen zählen. Das bedeutet, dass wenn der Wiederbeschaffungswert unter den wie auch immer berechneten Bestandswert fällt, oder damit gerechnet werden muss, dass die Warenvorräte nicht zu den Anschaffungspreisen zzgl. aller bis zur Auslieferung noch anfallenden Kosten verkauft werden können, diese Warenvorräte auf den Wiederbeschaffungswert bzw. um die Differenz von zu erwartenden Verkaufspreisen und Vollkosten abzuschreiben sind,

Ebenso wichtig ist es, das sogenannte Maßgeblichkeitsprinzip zu beachten, was bedeutet, dass, wenn für die Handelsbilanz eine steuerlich zulässige Bewertungsmethode gewählt wurde, diese auch für die Steuerbilanz benutzt werden muss.

Lesen Sie auch Teil 1, Teil 2 und Teil 3 dieser Reihe!