Gerade in diesen herausfordernden Zeiten ist es zur Vermeidung von Forderungsausfällen für Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter besonders wichtig, auftretende Indizien für eine drohende bzw. bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit bei den Marktpartnern rechtzeitig zu erkennen. Auf dem Weg in die Insolvenz sind viele typische Symptome als Alarm- und Krisenzeichen wahrnehmbar. Diese Krisenzeichen sollte der Handelsvertreter sowohl bei seinen vertretenen Unternehmen als auch bei all seinen Kunden beachten:

  • Löhne, Miete, Sozialversicherungsbeiträge, Energiekosten bleiben unbezahlt,
  • Kreditkündigung durch die Hausbank,
  • Mahn- und Vollstreckungsbescheide, Klagen, Pfändungen,
  • Zulieferer stellen Lieferungen ein / Belieferung nur noch gegen Vorkasse,
  • untypische Zahlungsverzögerungen,
  • unbegründete Provisionsverweigerung, Zahlungsverschleppung,
  • Umstellung der Zahlungsweise, vordatierte Schecks,
  • Änderung der Firma,
  • kurzfristiger Wechsel der Geschäftsführer oder des Unternehmenssitzes.

Schon die ersten Anzeichen sollten ernst genommen werden. Allerdings sollten bei einer Einholung von Informationen möglichst nur Dritte als Informationsquelle genutzt werden. Diese Informationen sollten möglichst auch nur mündlich eingeholt werden, um den Nachweis der Kenntnis von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit zu einem späteren Zeitpunkt zu vermeiden. Das dahinter steckend Risiko einer späteren Insolvenzanfechtung lässt sich übrigens seitens eines späteren Insolvenzverwalters nicht mehr mit vereinbarten verkehrsüblichen Zahlungserleichterungen des vertretenen Unternehmers gegenüber dem Handelsvertreter begründen. Stockende Provisionszahlungen und diesbezügliche Stundungen alleine können eine Rückforderung von gezahlten Provisionen nach einer von der CDH durchgesetzten Änderung der Insolvenzordnung im Jahr 2017 alleine nicht mehr begründen.

Krisenzeichen rechtzeitig zu erkennen, gilt im Übrigen auch gerade für die Kundenseite. Denn für den Handelsvertreter steht letztendlich auch eine bereits ausgezahlte Provision für ein bereits ausgeführtes Geschäft auf dem Spiel, wenn der Kunde dieses dem vertretenen Unternehmen wegen eintretender Zahlungsunfähigkeit letztlich nicht bezahlen kann. Somit gilt für alle Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter derzeit mehr als denn je, ein Früherkennungssystem für Krisenzeichen einzurichten, welches sowohl die vertretenen Unternehmen wie auch die Kundenseite umfasst.

 Bei einer drohenden Insolvenz des vertretenen Unternehmens stehen dem Handelsvertreter zur Sicherung seine Provisionsansprüche übrigens mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. Auch bei drohender Insolvenz von Kunden gibt es eine Möglichkeit.

Geltendmachung des kaufmännischen Zurückbehaltungsrechts

Bei fälligen Forderungen kann der Handelsvertreter als Kaufmann gegenüber dem vertretenen Unternehmen bewegliche Sachen/Wertpapiere des Unternehmens, die in seinem Besitz stehen, zurückbehalten und daran sein kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht geltend machen bis zur vollständigen Zahlung der Provision. In der Insolvenz des Unternehmens können diese Gegenstände dann zur Befriedigung des Handelsvertreters verwertet werden. Der Handelsvertreter kann hier geltend machen, dass er aus den zurückbehaltenen Gegenständen außerhalb der Insolvenz befriedigt wird; er ist somit nicht „normaler“ Insolvenzgläubiger, der auf die Quote verwiesen wird.

Vereinbarung von Sicherungsrechten

An Lagerbeständen oder Musterkollektionen können Pfandrechte zwischen dem Handelsvertreter und dem vertretenen Unternehmen vereinbart werden oder diese können an den Handelsvertreter zur Sicherheit übereignet werden (sog. „Sicherungsübereignung“). Die Übereignung erfolgt aufschiebend bedingt durch die vollständige Zahlung des Provisionsanspruchs, sodass nach vollständiger Zahlung die Sachen wieder an den Unternehmer zurückübereignet werden. In einem möglichen Insolvenzverfahren hat der Handelsvertreter an solchen Sachen ein Absonderungsrecht, d.h. er wird hieraus vorrangig befriedigt und nicht nur nach der Quote als „normaler“ Insolvenzgläubiger.

Abtretung der Kaufpreisforderung

Eine weitere Möglichkeit bietet die Abtretung der Kaufpreisforderung des vertretenen Unternehmers gegen den Käufer der Ware in Höhe der Provisionsforderungen des Handelsvertreters an diesen zur Absicherung seiner Provisionsforderungen gegen den vertretenen Unternehmer. Der Handelsvertreter kann dann im Falle einer Insolvenz des vertretenen Unternehmens direkt aus dem abgetretenen Anspruch seine Provisionsforderung beim Käufer in Anspruch nehmen, unabhängig von der Insolvenz des vertretenen Unternehmens.

Verzicht auf Provisionswegfall bei Nichtzahlung des Kunden

Bei einer drohenden Insolvenz des Käufers der vom Handelsvertreter vermittelten Ware gibt es für den Handelsvertreter ferner die Möglichkeit, mit dem von ihm vertretenen Unternehmen eine schriftliche Vereinbarung dahingehend zu treffen, dass die Provision des Handelsvertreters bereits mit Ausführung des Geschäftes vollständig entsteht und sie nicht unter der auflösenden Bedingung der Kaufpreiszahlung seitens des Kunden steht. Durch eine solche Vereinbarung wird § 87 a Abs. 2, 1. Halbsatz des Handelsgesetzbuches ausgeschlossen.

Vermag es der Handelsvertreter nicht, eine solche Vereinbarung mit seinem vertretenen Unternehmen zu treffen, fällt der Provisionsanspruch des Handelsvertreters aufgrund der insolvenzbedingten Nichtzahlung seitens des Käufers wieder weg. Der Handelsvertreter hat die bereits empfangenen Provisionszahlungen zurück zu zahlen. Aufgrund der fehlenden rechtlichen Beziehungen zu dem Käufer stehen dem Handelsvertreter weder Sicherungsrechte gegen den Käufer zu, noch kann er seinen Provisionsanspruch im Insolvenzverfahren des Kunden geltend machen.

CDH-Mitglieder sollten vor jeder der oben aufgezeigten Sicherungsmöglichkeiten in jedem Fall die Beratung ihres CDH-Landesverbandes in Anspruch nehmen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Krisenzeichen sollte der Handelsvertreter sowohl bei seinen vertretenen Unternehmen als auch bei all seinen Kunden beachten.
  • Schon die ersten Anzeichen sollten ernst genommen werden.
  • Bei einer drohenden Insolvenz des vertretenen Unternehmens stehen dem Handelsvertreter zur Sicherung seine Provisionsansprüche mehrere Möglichkeiten zur Sicherung seine Provisionsansprüche zur Verfügung.

Die Beratung im Vertriebsrecht, insbesondere auch eine Überprüfung Ihrer Handelsvertreterverträge ist eine der wesentlichen Leistungen der CDH Organisation für Mitglieder.

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